Candranamaskāra – der Mondgruß
„Candra“ bedeutet Mond, „namaskāra“ heißt Gruß oder Verehrung.
Das Licht des Mondes ist ein Spiegelbild der Sonne – genauso wie unser Geist, unser Ich und unser Verstand Spiegel ewigen Bewusstseins sind. In diesem Sinn ist der Mond ein Tor zur Individualität, zum Selbst. Den Mond zu verehren bedeutet, den Geist, das Ego und das eigene Selbst zu ehren. Indem wir uns dem Mond zuwenden, ihn liebevoll anschauen, ihn mit Bewusstsein durchdringen und annehmen, bringen wir ihn zurück ins Licht. Wenn wir uns unseren Träumen zuwenden, verwandeln sie sich. Wenn wir in die Nacht eintreten, wird sie zum Tag.
Das Viśuddhi-Chakra steht für die Verwandlung des Geistes. Es ist der Raum, in dem das Selbst sich im Kosmos vollständig ausdehnt, wo das Licht des Mondes und die Sterne eins werden. Deshalb ehren wir mit dem Mondgruß auch die Energie von viśuddhi – wir finden Heilung in unseren Träumen, gehen in die Stille der Meditation und tauchen ein in die Weite der Ewigkeit.
Im Kundalini Yoga
Im Kundalini Yoga kannst du vor jedem Mondgruß die Mantras der Aṣṭa Mātṛkās, der acht göttlichen Mütter, rezitieren. Sie stehen für die Kräfte der Seele, die sich in den acht Phasen des Mondes ausdehnen und wieder zusammenziehen. Dort wo die Mutter ist dort ist Shakti.
Die Mantras der Aṣṭa Mātṛkās sind:
New Moon – Cāmuṇḍā
Oṁ Hrīṁ Cāmuṇḍāyai namaḥ – Death, Ego dissolution.
Waxing Crescent – Brāhmaṇī
Oṁ Aiṃ Brāhmaṇyai namaḥ – Divine wisdom, creative beginning
First Quarter – Kaumārī
Oṁ Klīṁ Kaumāryai namaḥ – Warrior maiden Courage, action
Waxing Gibbous – Vaiṣṇavī
Oṁ Śrīṁ Vaiṣṇavyai namaḥ – Protection, stability, harmony
Full Moon – Maheśvarī
Oṁ Hūṁ Maheśvaryai namaḥ – Light, Fullness, expanded consciousness
Waning Gibbous – Indrāṇī (Aindrī)
Oṁ Krīṁ Aindryai namaḥ – Sovereignty, royalty self-worth
Last Quarter – Vārāhī
Oṁ Glauṁ Vārāhyai namaḥ – Purification, truth grounding
Waning Crescent – Narasimhī
Oṁ Kṣraum Narasiṁhyai namaḥ – Fierce protection, wild dance, shadow
Praktiziere mindestens 8 Runden – oder ein Vielfaches davon.

Dieser Mondgruß, in welcher Form du ihn auch übst, ist der Göttin gewidmet.
Wir unterrichten zwei Varianten:
Tiefe Atmung
Vor jeder Runde kannst du eine der acht Mütter anrufen – die Aṣṭa Mātṛkās, die die Mondphasen symbolisieren. Lege dazu die Hände vor dem Herzen zusammen und rezitiere das jeweilige Mantra mindestens dreimal.
Dann kannst dann du den Mondgruß auf zwei Weisen praktizieren:
- Ein kompletter Atemzyklus pro Haltung: Einatmen beim Hineingehen, ausatmen beim Verweilen.
- Ein Atemzug pro Haltung: Einatmen beim Wechsel in die Haltung, Ausatmen beim nächsten Übergang.
Beweg dich langsam. Der nährende Zustand des Geistes liegt zwischen Wachen und Träumen – lass dich in diesen Übergangsraum hineinfallen. Dort findet Wandlung statt.
Mit Bhrāmarī
In dieser Variante die aus dem transformational Hatha Yoga stammt, die auch eng mit dem Kundalini Yoga verknüpft ist, rufen wir den nährenden Aspekt des Mondes an.
Jede Haltung wird sanft mit der Einatmung eingenommen und mit der Ausatmung vertieft. Und mit jeder Ausatmung lässt du die Bhrāmarī-Vibration im Körper erklingen.
Bhrāmarī ist der heilige Klang, der das Tor zum Brahman öffnet. Er löst den Geist im kosmischen auf.
Bhrāmarī ist auch die Göttin, die als Bienenschwarm erscheint – süß wie Nektar, sie trägt alle Sorgen davon und lässt den Geist im Ozean des Nektars dahinschmelzen.
Bevor du beginnst, setze dich ruhig in Vajrāsana und rufe die Göttin an – als Soma, den kosmischen Nektar:
Oṁ Śrīma Candrāya Soma-Somāya Namaḥ

Die Haltungen im Überblick:
Vajrāsana – Blitzhaltung
Setze dich entspannt auf deine Fersen. Lege die Hände vors Herz. Spüre das silberne Licht des Mondes oder rezitiere das Mantra.
Diese Haltung leitet die Kraft des „Vajra“ – des Donnerkeils – nach oben und macht sie für deine spirituelle Entwicklung zugänglich.
Śaśāṅkāsana – Hasenhaltung
Aus Vajrāsana heraus: Arme nach oben, Handflächen nach vorne – dann verneige dich nach vorn. Übergib dich dem Mond.

Aṣṭāṅga Namaskāra – Achtpunktgruß
Komm langsam mit Kinn, Händen, Brust, Knien und Zehen auf den Boden.
Spüre, wie Viśuddhi hier aktiviert wird.
Ps. Wenn du pro Haltung einen Atem nimmst, fließt du direkt vom Hasen in die Kobra – wie im „Schlagenden Kobra“-Fluss (śaśāṅka-bhujaṅgāsana).
Bhujaṅgāsana – Kobra
Gleite sanft vor, hebe dich nach oben, beuge dann die Ellbogen und öffne dein Herz weit nach hinten.
Der Blick geht in den weiten Raum – erinnere dich an Ājñā.
Parvatāsana – Berg
Drück dich nun zurück in die Haltung des Berges – kraftvoll und still, wie Pārvatī selbst.
Atme langsam und tief.

Aśva Sañcalanāsana – Reiterstellung
Im ersten Mondgruß mit dem linken Fuß nach vorne (im nächsten mit dem rechten). Fingerspitzen am Boden, Handflächen nach hinten, Blick zum Himmel.
Ardha Candrāsana – Halbmond
Dreh die Handflächen zueinander, hebe die Arme in den Himmel.
Stell dir vor, du hältst die silberne Mondscheibe zwischen deinen Händen.

Pādahastāsana – Hände-zu-Füßen-Haltung
Aus dem Halbmond bring deine Hände langsam zu den Füßen und steig mit dem hinteren Bein nach vorn.
Beuge erst die Knie, leg den Bauch sanft an die Oberschenkel, dann streck langsam die Beine – so bleibt dein Herz offen und geschützt.
Übergib dich der Nacht – sie bringt Regeneration.
Hastottānāsana – Gestreckte-Arme-Haltung mit Rückbeuge
Streck dich hoch und weit zurück – dein Körper formt einen Halbmond.
Schenke dem Mond deine Handflächen – sie sind Tore zu deinem Herzen, durch die das Licht eintreten darf.
Praṇāmāsana – Gebetshaltung
Bringe die Hände vom Herzen zusammen. Lass das Mantra noch einmal erklingen – als Gruß an die Mutter, den Mond in seiner heilenden, regenerierenden Kraft:
Oṁ Śrīma Candrāya Soma-Somāya Namaḥ

Hastottānāsana
Streck dich noch einmal hoch und weit zurück – öffne dich erneut dem Mondlicht.
Pādahastāsana
Bring die Hände sanft zurück zu den Füßen. Knie beugen, Bauch an die Oberschenkel, dann die Beine wieder strecken.
Schau nach innen.
Aśva Sañcalanāsana
Nun tritt das linke Bein nach hinten (linkes Bein im ersten Durchgang, im nächsten das rechte).
Finde deinen Stand – und dein Gleichgewicht.

Ardha Candrāsana
Die Hände zeigen wieder nach oben, halten die silberne Mondscheibe.
Fühle dich getragen vom Licht.
Parvatāsana
Bring die Hände zum Boden und geh zurück in den Berg – in die Kraft von Pārvatī.
Atme tief und bewusst.

Aṣṭāṅga Namaskāra
Senke nun Knie und Kinn zum Boden, komm zurück in die Achtpunkt-Haltung. Ellbogen nah am Brustkorb.
Der Blick geht weich in die Weite, nicht in den Boden. Deine innere Ausrichtung ist nach vorn gerichtet – dṛṣṭi zum Horizont.
Bhujaṅgāsana
Heb dich wieder in die Kobra – Arme lang, Brust geöffnet.
Lass dich von deinem Herzen führen.

Śaśāṅkāsana
Zurück in die Hasenhaltung – leg dich hinein in die kühlende Stille des Mondes.
Vajrāsana
Richte dich wieder auf. Handflächen zeigen nach vorn, Arme heben sich noch einmal zum Himmel, zum leuchtenden Mond.
Dann bring die Hände auf die Oberschenkel – sie bringen das Mondlicht mit sich zurück.
Das war eine vollständige Runde.
Bring nun die Hände wieder vors Herz – und beginne, wenn du magst, die nächste Runde:
Oṁ Śrīma Candrāya Soma-Somāya Namaḥ

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